Lebenslinien
Texte: C. Wullenkord, U. Elyas
Musik: C. Wullenkord
Unruhe
durchläuft mich wie in ganz Afrika, Jahre durchlaufen mein
Gehirn gebettet im Halbschlaf bisherige Episoden des Lebens spiegeln
sich in Lebenslinien, während sie sich durch die Handflächen
schlängeln die ersten Episoden erzählen nur von Freundschaften,
ich erinnere mich gerne an Bolzplatzbekanntschaften, die Jungs vom
Haus gegenüber spielten gegen mich und meinen Bruder, wir zockten
meistens mit Tennisbällen Fußball im Waldstück hinterm
Viertel bildeten wir erste Jugendbanden, na ja gerade mal entschlüpft
dem Kindergarten die Ideologien waren entsprechend simpel, wir verfolgten
imaginäre Gegner, keine politischen Ziele die Welt war wie
eine große Spielwiese, Ventile gab es genug bei Ball- und
Versteckspielen. Der Bolzplatz war gerade zugewachsen, wir trafen
uns jetzt lieber im Zimmer von Klassenkameraden fachsimpelten bei
den Hausaufgaben über Flachbretter und Granaten, Thema für
viele Abende keine Gedanken verschwendet an das Erwachsenwerden,
man wollte nur außerhalb der Schule fürs Leben lernen.
Geraucht hat man den beißenden Qualm trockener Gräser,
die tränenden Augen verrieten einen bei den Eltern diese zeigten
jedoch oft Verständnis, gehört doch zum Lebenslauf eines
jeden Jungen Abenteuerkenntnis Schule schwänzen, ausweiten
der Grenzen mit kindlichem Denken, alles nahezu ohne Konsequenzen
traumhaft waren diese Zustände, sie kommen mir allenfalls wie
ein Traum vor, wenn ich drüber Nachdenke
Regnerische
Berge tiefe Täler Wüstentrockene Dünen faltige Geschichtenerzähler
Radios die gequälte Töne wie Gebrochenes raustragen knochige
Bretter zeigen Richtungen lodernde Meere laden ein in Versuchungen
schenken beim Tauchgang traumhaft Enge und beängstigende Weiten
ins blaue ungewisse damals war klar das Leben wird’s schon
richten
doch heute fürchte ich Hai und Muränenbisse Lebenslinien
finden ihren Weg durch Pfade fein wie kapillare Augenringe und Lachfalten
sind Zeugen Dein Körper trägt spuren Deine Erfahrung kann
heute leider nichts leugnen. „Heute“ was bringst Du
schon Gewissensbisse von gestern beißen mir den Rücken
wund Equivalent zum jetzt vergehst du so schnell was soll ich zu
dir sagen was sich länger im Schädel hält? Die einen
sagen ihr habt ein Talent was gefördert werden muss andere
sagen es wird zu viel gefördert und euer Talent stört
daher den Fluss Das Heute ist das Kind des Gestern und die Mutter
des Morgen (Pablo Neruda). Viele Menschen sterben an anderleuts
Herzversagen. Gefragter Sein als antworten ist die Zukunft unserer
Resourcen Kareem erzähl: was bringt das Morgen?
Morgen
fängt eigentlich immer schon heute an, weil Entscheidungen
eine weite Reichweite haben. Mittlerweile denkt man zu sehr an die
Zukunft, oft hemmend weil der Spielraum zusammenschrumpft. Jetzt
sitze ich am Schreibtisch mein Kopf auf Reisen, die Mündigkeit
erkauft man sich zu hohen Preisen. Heutige Taten muss ich morgen
ausbaden, muss für jetziges Verschulden mein ganzes Leben lang
bezahlen. Wird der Horizont zu groß, bricht er zusammen, bleibt
er zu klein stumpft man ab irgendwann. Mein Weg wird sich weiter
in Episoden Fortsetzen, Lebenslinien erzählen euch gerade von
der letzten.
Morgen
wird sich alles ändern morgen wird das gestern vergessen
morgen trocknet das Blut und die Tinte
morgen entfacht endlich meine Glut und die Hitze
morgen hält mehr Vorsätze aus als Kommata
morgen ist der Anfang der Veränderung
niemals wird ein Vorhaben schlendern und
morgen bin ich weiser
morgen les ich nicht nur weisses zwischen Zeilen im Buche
morgen pass ich endlich in des Elterns Schuhe es wird wahrscheinlich
einfacher morgen ist immer 24 Stunden weiter
Du bist die Versuchung und Motivation du begründest unser Tun
und unser Lohn
Du bist was heute nicht ist aber wird du bist was täglich fehlt
und uns dann gehört
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